PRESSEMITTEILUNG
(Port-au-Prince) Tausende von Frauen, die in vorübergehenden Lagern in Haiti leben, werden durch sexuelle Gewalt bedroht und werden von den Behörden und Verantwortlichen nicht adäquat geschützt, verkündete Amnesty International heute nach Abschluss eines dreiwöchigen Besuches in dem Land.
Sexuelle Gewalt ist in den hunderten Camps, die nach dem Erdbeben, der das Land im Januar traf, in Port-au-Prince und anderen betroffenen Gegenden spontan entstandenen, weit verbreitet. Amnesty International ist der Meinung, dass der Mangel an Maßnahmen zum Schutz vor, und zur Reaktion auf, sexuelle Gewalt zu der humanitären Krise beiträgt und ruft die haitianischen Behörden dazu auf, unmittelbare und effektive Maßnahmen zu ergreifen um der sexuellen Gewalt Einhalt zu gebieten und Freuen zu schützen, die in den Camps wohnen.
„Sexuelle Gewalt ist in den Camps sehr präsent, wo einige von Haitis verletzlichsten Personen leben“, sagt Chiara Liguori, Karibik Researcherin von Amnesty International in Port-au-Prince. „Sie war bereits vor dem Erdbeben ein großes Problem, aber die Umstände unter denen vertriebene Personen leben setzt Frauen und Mädchen einem noch größeren Risiko aus.“
Unsicherheit, Überfüllung und inadäquate Sanitärversorgung setzen Frauen und Mädchen der Gefahr des Missbrauchs aus, da sie hier besonders ungeschützt sind. Mangelnde Kapazitäten der Polizei und des Justizsystems in der Folge des Erdbebens bedeuten, dass Täter in der Regel nicht bestraft werden.
„Die Behörden in Haiti müssen die Stärkung der Polizeipräsenz in den Camps, besonders nachts, zur Priorität machen. Dies muss die Fähigkeit einschließen, Frauen und Mädchen vor sexueller Gewalt zu schützen und angemessen auf zur Anzeige gebrachte Fälle zu reagieren“, sagte Chiara Liguori.
Es herrscht ein generelles Gefühl der Unsicherheit in und um die Camps, besonders nachts. Frauen und Mädchen, die in den behelfsmäßigen Unterkünften leben fühlen sich verletzlich und haben Angst vor Übergriffen.
Die meisten Opfer sexueller Gewalt, die von Amnesty International interviewt wurden waren minderjährig. Ein achtjähriges Mädchen wurde vergewaltigt, als sie nachts alleine in ihrem Zelt war. Ihre Mutter hatte das Camp verlassen um zu arbeiten und hatte niemanden, der während ihrer Abwesenheit auf ihre Tochter aufpassen konnte. Eine fünfzehnjährige wurde vergewaltigt, als sie das Camp verließ um zur Toilette zu gehen, da es in dem Camp keine Latrinen gab. Der Mangel an angemessenen Schutzmechanismen für Frauen und Mädchen entmutigt diese, die Gewalt offenzulegen.
Eine örtliche Frauenorganisation stellte 19 Fälle von Vergewaltigungen in nur einem kleinen Abschnitt von Champ-de-Mars fest, einem der größten Camps in Port-au-Prince. Aus Angst vor den Tätern hatte keine der Frauen und Mädchen die Übergriffe der Polizei gemeldet, sondern waren stattdessen aus dem Camp weggezogen.
„Es gibt keine Unterkünfte im Land, wo Opfer von sexuellem Missbrauch geschützt werden können und Zugang zu unterstützenden Leistungen haben. Unterkünfte für Frauen und Mädchen die Opfer von Gewalt wurden müssen Teil der Nothilfeleistungen sein und die internationalen NROs, die in Haiti stark präsent sind, können dies nur mit der Unterstützung und Koordinierung der haitianischen Behörden möglich machen“, sagt Chiara Liguori.
Hintergrundinformationen:
Amnesty Internationals Delegation hat acht Camps von Vertriebenen und Obdachlosen in Port-au-Prince, Jacmel und Lascahobas besucht, einige mehrmals.
Die Delegierten von Amnesty International ghaben sich mit Regierungsvertretern, einschließlich des Präsidenten René García Préval und des Premierministers Jean-Max Bellerive getroffen. Sie haben Gespräche mit dem Chef der UN Stabilisierungsmission in Haiti (MINUSTAH) und weiteren UN Agenturen, die in Haiti tätig sind, geführt, außerdem mit lokalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen sowie den Botschaftern von Brasilien, Kanada und Frankreich.
Für weitere Informationen oder zur Kontaktaufnahme mit den Delegierten, wenden Sie sich bitte an die Ländergruppe Haiti info@amnesty-haiti.de